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Erstattung von Reparaturkosten bei fiktiver Abrechnung

Völlig zu Recht hat das AG Weißenburg in dem Urteil vom 01.04.2021 – 2 C 71/21 dem Kläger vollumfänglich seinen Schaden zugesprochen und der Versicherung, die wie so üblich vorgerichtlich den Rotstift angesetzt hat, eine Absage erteilt.

Am 29.12.2020 kam es zu einem Unfall in Weißenburg, bei dem das Fahrzeug des Klägers beschädigt wurde. Die volle Einstandspflicht der Beklagten ist zwischen den Parteien unstreitig. Der Kläger beauftragte einen ortsansässigen Sachverständigen, der die Reparaturkosten mit über 4.000 € netto bezifferte. Darin waren Corona bedingte Desinfektionskosten, Fahrzeugreinigungskosten, Kosten für die Farbtonangleichung anliegender Fahrzeugflächen sowie Entsorgungskosten enthalten. Die Beklagte legte einen Prüfbericht vor und zahlte vorgerichtlich nur einen Teil der Netto-Reparaturkosten.

In überzeugender Argumentation und vor allen in Übereinstimmung mit obergerichtlicher Rechtsprechung sowie dem geltenden Schadensersatzrecht, hat das AG Weißenburg die offenen Reparaturkosten zugesprochen. Es wurde dem Dokument „Prüfung Gutachten“ der Beklagten eine Absage erteilt, da diesem Dokument nicht entnehmbar war, wer es verfasst hat und in welchem Zusammenhang der Verfasser zur Beklagten steht. Die fiktive Abrechnung wurde bestätigt, denn es „liegt in der Natur der Sache bei einer fiktiven Abrechnung, dass Kosten nur bei tatsächlicher erfolgter Reparatur anfallen;“. In gebotener Kürze legt das AG Weißenburg dar, dass Kosten im Rahmen der Desinfektion bzw. die zum Schutz vor einer Infektion entstehen, auf die Beklagte, zumindest zurzeit, umgelegt werden.

Dem Urteil kann nur zugestimmt werden. Es entspricht der aktuellen Rechtsprechung des BGH und hält sich an das Schadensersatzrecht. Hut ab vor dem AG Weißenburg.

 

Gewährleistung und Garantie bei E-Bike-Akkus

Der Absatz von E-Bikes boomt ungebrochen. Mittlerweile sind viele Räder der „ersten Generation“ in die Jahre gekommen und es zeigt sich, dass die Akkus über die Zeit nicht unerheblich an Leistung verlieren. Damit stellen sich dem Käufer zwangsläufig mehrere Fragen: ist der Akku mangelhaft? Greifen Gewährleistungs- oder Garantieansprüche? An wen muss ich mich wenden?

Der Begriff E-Bike hat sich zwischenzeitlich verselbstständigt. Oftmals spricht man von E-Bike, obwohl es sich um Pedelecs handelt. Natürlich gibt es Unterschiede. Da sich der Begriff Pedelec aber nicht durchgesetzt hat, nutzen auch wir allgemein den Begriff E-Bike.  

 

  1. Sachmängelgewährleistung

Nach § 434 Abs. 1 S. 1 BGB ist die Kaufsache frei von Sachmängeln, wenn sie bei Übergabe die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist die Sache frei von Sachmängeln,

  1. wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet, sonst
  2. wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann.

Der Händler haftet also dafür, dass Ihr E-Bike bei dessen Übergabe nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit aufheben oder mindern. Hierfür haftet er im Rahmen der gesetzlichen Gewährleistungsfrist zwei Jahre. Zeigt sich innerhalb der ersten sechs Monate ein solcher Mangel, wird vermutet, dass dieser bereits bei Übergabe vorhanden war. Innerhalb der ersten sechs Monate muss also der Händler beweisen, dass das Produkt beim Kauf fehlerfrei war. Danach obliegt die Beweislast dem Käufer. Der Gewährleistungsanspruch richtet sich jeweils gegen den jeweiligen Verkäufer. In einem ersten Schritt besteht ein Nacherfüllungsanspruch, insbesondere auf Nachbesserung oder Ersatzlieferung. Wichtig ist, dass solche Gewährleistungsansprüche nur für anfängliche Fehler, die also zum Zeitpunkt der Übergabe bereits vorhanden waren, bestehen. Ist ein solcher Mangel bei Übergabe unstreitig nicht vorhanden gewesen, scheidet ein Gewährleistungsanspruch aus. Besteht ein Gewährleistungsanspruch, trägt der Händler alle Kosten, auch Transport und Montage.

Doch wann liegt ein anfänglicher Mangel bei einem Akku vor?

Zunächst ist festzuhalten, dass ein Akku ein Verschleißteil ist – egal ob am Smartphone, Laptop oder am E-Bike. Die Lebenserwartung von hochwertigen E-Bike-Akkus wird modellabhängig mit 500 bis 1.000 Ladezyklen angegeben. Bei einer konservativ geschätzten Reichweite von 50 Kilometern pro Akku-Ladung sind das 25.000 bis 50.000 Kilometer. Danach ist ein Akku aber nicht zwingend defekt. Häufig verfügen diese dann immer noch über eine Leistung von ca. 60 – 70 % im Vergleich zu neuen Modellen, wenngleich diese schneller abbauen und häufiger geladen werden müssen. Dieser Alterungsprozess ist technisch unvermeidlich und stellt per se noch keinen Mangel dar.

Auch ist zu beachten, dass die Reichweite des Lithium-Ionen-Akkus im Fahrbetrieb bei kalten Temperaturen um bis zu einem Viertel sinkt. Dies ist ebenfalls kein Mangel, sondern ein normaler Vorgang. Bei Kälte fließt die im Akku enthaltene Elektrolyt-Substanz zäher, wodurch weniger Ionen vom Minus- zum Pluspol gelangen, was die Leistungsfähigkeit des Akkus einschränkt. Daher soll der Akku auch immer im Warmen aufbewahrt werden.

Ein Mangel kann also nur dann vorliegen, wenn sich die Situation anders darstellt, d.h. von diesen Orientierungswerten deutlich abgewichen wird. Zeigt sich eine solche innerhalb der ersten sechs Monate nach dem Kauf, greift zugunsten des Käufers die angesprochene Beweislastumkehr, womit die Chancen auf einen Austausch gut stehen. Sind die sechs Monate allerdings abgelaufen, so muss der Käufer das Vorliegen des Mangels bereits bei Übergabe beweisen, was in der Regel nur sehr schwer gelingt.

 

  1. Garantieansprüche

Eine Garantie ist hingegen eine freiwillige Zusatzleistung, d.h. ein Qualitätsversprechen des Herstellers. Je nach Hersteller unterscheiden sich diese bzgl. der Akkus nicht unerheblich. Was umfasst ist und welche Voraussetzungen gelten, bestimmt allein der Garantiegeber in seinen Garantiebestimmungen. Insofern kann sich manche Garantie als nahezu inhaltslos entpuppen. Beim Kauf sollte man sich also auch immer über Inhalt und Umfang der Herstellergarantie informieren.

Einige Hersteller garantieren innerhalb der ersten zwei Jahre eine Leistung von 70% bei 500 Ladezyklen, dies unter der Voraussetzung eines ordnungsgemäßen Gebrauchs und Umgangs mit den Akkus.

Bei Garantien gibt es -anders als bei der Sachmängelgewährleistung- keine Beweislastumkehr, d.h. der Kunde muss bei einem innerhalb der Garantiezeit aufgetretenen Mangel nicht beweisen, dass dieser schon bei Übergabe des E-Bikes vorlag.  Dies kann durchaus von Vorteil sein, zumal die Garantiezeit typischerweise über die gesetzliche Zwei-Jahres-Frist der Sachmängelhaftung hinausgeht. Allerdings werden bei Garantiefällen meist keine Montage- und Transportkosten übernommen.

 

  1. Fazit

Es zeigt sich also, dass ein über die Zeit hinweg auftretender Leistungsverlust bei Akkus per se noch keinen Sachmangel darstellt, sondern vielmehr weitere Umstände bzw. Besonderheiten hinzukommen müssen. Ob hieraus resultierende Ansprüche im Wege der Gewährleistung gegen den Händler oder über das Garantieversprechen gegen den Hersteller geltend gemacht werden sollten, bedarf einer genauen Prüfung des Einzelfalls. Hierbei ist es angezeigt sich kompetenter rechtlicher Hilfe zu bedienen, welche Kenntnissen bzgl. der Besonderheiten von E-Bikes aufweist. Gerne stehen wir Ihnen hierfür zur Verfügung.